MORPH-Art
Höhlenmalerei
"Höhlenmalerei“, "Ausgrabungen“,“Mumien-", "Leichentücher“ – diese Assoziationen der Kinder einer Schulklasse freuten mich, die auf einschlägige RTL-Serien brauchen nicht erwähnt zu werden. Die Bearbeitung der verrottenden Stoffe erinnert natürlich an konservatorische und archäologische Verfahren. Eine Stoffbahn mit Materialien, wie Eisen, Holz, Sandstein für viele Monate in ein Wiesenstück auszulegen, es dann behutsam zu bergen und konservieren, hat neben dem Interesse am Technischen? Verfahrenstechnischen? einen morbiden Aspekt.
Da ist ein „Memento mori“, das an Zeit und Endlichkeit, Zerfall und Zersetzung aller Materie durch die belebte Welt, die Natur, gemahnt und zur Kontemplation einlädt.
Verrotten schädigt das Material, schafft aber phantastische Strukturen und färbt es sehr reizvoll. Diese Bilder sind erst einmal ohne Zutun verblüffend vielfältig gestaltet und von eigenartiger Ästhetik. Malerei und Zeichnung kommt dann dezent und zurückhaltend hinzu. Behutsam soll das weitgehend naturgefertigte Objekt pointiert gestaltet werden. Es dient nicht als interessant strukturierter Malgrund für Malerei, es ist Hauptbestandteil des Kunstwerkes. Der Verweis auf die Schülerantworten erklärt nicht den eigentümlichen Reiz dieser Bilder, mit dem Vergleich , was wir in der Grotte von Chauvet empfinden, liegen wir aber nicht falsch. Aus dieser Naturbelassenheit? der ästhetischen Schönheit der Farben und der Formen der gefundenen Strukturen und der archaischen Erhabenheit, in einer philosophischen Einbindung ist es so wirkungsmächtig.
Und überhaupt: Unaussprechliches, Unerklärbares herzustellen ist Privileg und Veranlassung für Kunst. Ist dies ein Maßstab für gute bildende Kunst, so stehen wir hier vor solcher. Lassen sie das Unaussprechliche, die Magie auf sich wirken, erfreuen sie sich daran, vielleicht mit einem wohligem Schauern und Demut vor der Schöpfung. Und da treffen wir uns mit der Intention des Künstlers Fritz Thiel.
Der Maler Thiel, der als selbstausgewiesener Waldschrat nicht mit der Botanisiertrommel, aber mit Plastiktüten in den Taschen durch Wald und Flur streift, als Jäger und Sammler für die Kunst, hat er in den meisten seiner Arbeiten schon immer einen starken Bezug zur Natur und verwendet in seinen Bildern oft Naturmaterialien. In dieser neuen Werkgruppe ist er auf dem Weg zum Konzept der landart, hier noch als Maler in der Form des Tafelbildes.